Sonja Broy, Stipendiatin 2019 in England

Als Projektleiterin für die Transformation der Bremer Innenstadt arbeitet Sonja Broy daran, die monofunktionale Ausrichtung auf den Einzelhandel aufzubrechen und neue Partizipationsstrukturen für Stadtmacher:innen und Anwohnende aufzubauen. Das Hans Weisser Stipendium nutzte sie, um während einer Recherchereise durch unterschiedliche Städte Englands verschiedenste Aspekte der Stadt- und Quartiersentwicklung zu vertiefen.

Die Idee entstand im Ruhrgebiet

Als Journalistin ins Berufsleben gestartet, entschied Sonja Broy, sich noch einmal ganz neu zu orientieren und im Ruhrgebiet den interdisziplinären Master-Studiengang „Urbane Kultur, Gesellschaft und Raum“ zu belegen – neben ersten Projekten in der Freiraumplanung, Stadtentwicklung und Kreativwirtschaft. Für ihre Masterarbeit beschäftigte sich mit den Potenzialen von Fußball für die Stadtentwicklung am Beispiel von Gelsenkirchen-Schalke – und stieß dabei auf bemerkenswerte Referenzen aus Nordengland und Ansätze in der gemeinwohlorientieren Stadtentwicklung, die sich als Referenz für Quartiere im Ruhrgebiet eignen. Nach dem Abschluss der Masterarbeit parallel zur beruflichen Tätigkeit entstand der Wunsch nach neuen Impulsen, der zur Bewerbung um das Hans Weisser Stipendium führte.

Recherche mit Spielraum für Spontanität

Liverpool und Manchester bildeten den Schwerpunkt der selbstorganisierten Recherchereise. Hier hielt sich Sonja Broy jeweils mehrere Wochen auf, um genug Zeit zu haben, sich auch mal von Eindrücken treiben zu lassen und über Empfehlungen auf neue Interviewpartner:innen und Projekte sowie spannende Sozialunternehmen zu stoßen. Einer der Höhepunkte war ein dreitägiger Abstecher nach Hull, den eine Liverpooler Künstlerin spontan für sie organisiert hatte, und der zu interessanten Begegnungen führte.

»Das Hans Weisser Stipendium ermöglicht es, mitten im Berufsleben den Pausen-Knopf zu drücken, um sich über mehrere Monate hinweg intensiv in neue Themenfelder einzuarbeiten und im Ausland neue Eindrücke zu gewinnen – ein in dieser Form wohl einmaliges Programm.«

Warum ausgerechnet England?

Diese Frage wurde oft gestellt. Im Kern lässt sie sich damit beantworten, dass trotz – oder gerade wegen – der politischen, sozialen und ökonomischen Verwerfungen im Land Sozialunternehmer:innen, Künstler:innen und Kreative näher zusammenrücken, um ihre Quartiere von innen heraus entwickeln, auch um sozialer Spaltung entgegenzuwirken. Nach der Rückkehr ins Ruhrgebiet brachte Sonja Broy bei der Wirtschaftsförderung Gelsenkirchen erste Eindrücke der Recherche in die konzeptionelle und strategische Arbeit des Forschungsprojektes „UrbaneProduktion.Ruhr“ ein.

Sind Innenstädte noch zu retten?

Aktuell hat es Sonja Broy in den Norden gezogen – wo die Schwerpunkte anders gelagert, die Themen in der Stadtentwicklung aber weitestgehend identisch sind. Im Projektbüro Innenstadt Bremen, einem intermediären Akteur, der sich im Auftrag der Stadtgemeinde Bremen um die Entwicklung des Centrums kümmert, ist sie für das Themenfeld Transformation zuständig. Ihre Arbeitsschwerpunkte: der Aufbau des ersten Bremer Bürger:innenrates, der Empfehlungen zur Weiterentwicklung des öffentlichen Raumes aussprechen soll, sowie die Förderung und Vernetzung von Stadtmacher:innen, die an der Schnittstelle von Ehrenamt, Kreativwirtschaft und Sozialunternehmertum agieren.

Foto-Credit: Casper Sessler (https://www.casparsessler.com)

„In aktuellen Debatten zur Stadtentwicklung schwingt oft viel Negativität mit. Dabei steht Wandel für Chancen – zur Entwicklung von neuen Nutzungsmodellen, partizipativer Freiraumgestaltung, mehr Angebotsvielfalt. Auch Faktoren wie verkehrsplanerische Belange und die Entwicklungen des Immobilienmarktes spielen zentrale Rollen bei der Frage, wie die Zentren sich zukünftig darstellen.“

Erstmalig als Coachin aktiv

Das Ruhrgebiet besucht Sonja Broy natürlich weiterhin – nicht nur aufgrund des Fußballs, sondern auch mit dem Blick auf den Stadtraum. Neben der Tätigkeit im Projektbüro arbeitet sie an einem Fachbuch zu „Symbolischen Orten und ihrem Potenzial für die Stadtentwicklung", in dem sich zahleiche Bezüge zu England wiederfinden sollen. Außerdem unterstützt sie als Coachin im Jahr 2023 die Start-Up-Werkstatt der Stiftung der Deutschen Wirtschaft.